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Lebensmittelshopping im TV mit Tücken 24.01.2022

Verantwortlicher Autor: Uwe Hildebrandt Goettingen, 24.01.2022, 18:43 Uhr
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2 Pfefferminztalerprodukte - Eines davon finden Sie nicht im TV Shopping
2 Pfefferminztalerprodukte - Eines davon finden Sie nicht im TV Shopping  Bild: Rübezahl Schokoladen GMBH / Uwe Hildebrandt (After Eight)

Goettingen [ENA] Inzwischen gehören die Shopping – TV Sender, über 10 derzeit im Deutschen Senderaum verfügbar, nicht nur zu den Gewinnern überhaupt, sondern gerade in den Pandemiezeiten greifen viele Kunden zum Hörer und sehen sich geneigt, bequem von zu Hause aus über Wochen Lebensmittel zu bestellen.

Keine unnötigen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, keine Schleppereien, und alles verfügbar und oft sogar ohne Versandkosten, besser geht´s nicht. Doch Achtung: Auch hier will aufgepasst sein, denn eines muß jedem Anrufer und Zuschauer klar sein: Die Moderatoren und Experten, die vom Hersteller des gerade vorgestellten Produktes bestellt sind, sind dazu da, eine möglichst hohe Verkaufsmenge zu erreichen, und da wird alles gegeben, damit das auch gelingt. Über den angeblich so günstigen Preis, über die angeblich so überragende Qualität, über die besonders schonende, lange, noch per Hand oder sonstwie geartete Herstellung und über frühere Verkaufsmengen, die gerne als Kauf- und Qualitätsargument angeführt werden.

Denn soviele Kunden können sich ja nicht täuschen. Fakt ist, das generell Produkte, hier und heute geht es um Lebensmittel, nicht schlechter als die im Einzelhandel oder auch Fachgeschäft sein müssen oder durchaus auch eine bessere Qualität haben können, aber nur selten ist der Preis günstiger. Wenn ich 800g Nudeln incl. Bolognesesoße für 12 Euro kaufen kann und mit der Qualität eines Chefkochs geworben wird, frage ich mich, ob die Qualität, die ich im Restaurant bei diesem Koch auf einem Teller bekomme, wirklich in der Fertigpackung auch noch rüberkommt.

Schnitzel mit Soße in Plastikbeuteln, sogenannte 3-Kammer-Gerichte in Plastikschälchen für 2 Euro die Packung oder 6 Stück für 12 Euro, mit tollen Gerichten wie Rouladen, Gulasch, Tafelspitz und Hühnchen Süß – Sauer, und das alles von einer „ kleinen „ Schlachterei ? Da stellen sich mir 2 Fragen: Welche Herstellungskosten hat das Produkt und wer verdient denn in der Kette noch was daran ? Die Rede ist dann häufig von Direktversand und dadurch eine Kostenersparnis. Klar, trotzdem gibt es einen Bauer, eine Schlachterei, Verpackungshersteller, Versandkosten zum Kunden und nicht vergessen: Der TV Sender will auch einen großen Anteil haben.

Gerade vor kurzer Zeit hat ein Moderator zumindest behauptet, vom Verkaufspreis darf der EK für den Sender maximal 25 % betragen. Das wären bei 12 Euro 4 Euro x 6 Packungen. Rechnen Sie sich selbst aus was eine Packung kostet und wieviel Qualität Sie dann vermuten, zu bekommen. Der andere „ Trick „ ist das z. B. ein Burgunderbraten im TV ausgelobt wird, 1200g für 19 Euro, mal als Beispiel. Das mag jetzt günstig sein oder nicht, ruckzuck ist das Produkt ausverkauft. Was viele nicht wissen: Von den 1200g gehen aber noch 400g an Soße ab, also Fleischeinlage nur 800g. Das erfährt der Kunde aber erst unter Lebensmittelinformationen, wenn er diese aufruft. Teures Putenbrustfilet oder ein Bürgermeisterstück vom Rind.

Egal wie hochtrabend die Namen sind, fast immer ist ein hoher Anteil an Soße dabei und die Fleischeinlage um 25 - % geringer als das angegebene Gewicht in der Maske, die am TV eingeblendet wird. Besonders kniffelig sind neuerdings die Produktvergleiche mit Markenprodukten. Schon deshalb, weil sich hinter manchen „ No Name „ Produkten dann eben doch Markenhersteller verbergen. Selten das die Marken genannt werden, aber bei 123 TV war das der Fall. Am letzten Samstag wurde im Frühfernsehen eine Präsentation von Pfefferminztalern gezeigt. 4 Packungen a 250g der Firma Friedel, so die Auslobung.

Nach und nach ist gemäß des Sendeformates der Preis gesunken auf letztlich 2.50 Euro pro Packung, also 10 Euro für 4 Pakete, was den Moderator zur Höchstleistung auflaufen ließ. Während der Präsentation verglich er die Friedel Pfefferminztaler mit dem ich nenne es mal Originalmarkenprodukt „ After Eight „ und behauptete, das die Friedel Taler viel mehr Füllung enthalten würden. Ach, hätte ich gar nicht gedacht, wenn weniger Taler als bei „ After Eight „ drin sind aber 50g mehr Inhalt in der Packung wohl kaum ein Wunder. Genau gesagt sind bei „ After Eight „ 24 Tafeln drin, bei Friedel 18 Stück. Das dadurch der Pfefferminzgeschmack länger erhalten bleibt wegen der größeren Menge, kann ich auch nachvollziehen.

Dann aber der nächste Hammer. Der Moderator erklärt, das bei AE jedes Täfelchen einzeln verpackt sei, das sehe er in Sachen Umweltschutz als bedenklich an. Davon hat er offensichtlich gar keine Ahnung, denn bei AE sind die Täfelchen in Papiertütchen verpackt, und die ganze Verpackung ist aus Pappe. Die Packung bei Friedel ist mit dicker Plastikfolie umgeben und die gesamte Packung aus Vollplastik. Jetzt kann sich jeder überlegen, was umwelttechnisch besser und eher verwertbar ist. Wenn der Moderator schon vergleichende Werbung macht, sollte er darauf hinweisen, das die Friedel Pfefferminztaler sowohl in Sachen Kohlenhydrate als auch Zuckeranteil höher liegen als das Vergleichsprodukt.

Pro 100g sind genau gesagt 5.7g mehr Kohlenhydrate, bei Zucker 1.4g mehr drin. Keine Frage, das sind nur kleine Unterschiede. In diesem Bericht geht es nicht um eine Schlecht- oder Gutstellung einzelner Produkte, sondern um einfältige Produktpräsentation. Anstatt ein Mitbewerberprodukt abzuwerten als Beweis dafür wie gut das präsentierte Produkt ist, sollte man sich lieber auf die Pluspunkte seines Produktes beschränken. Und dabei hat der Moderator nicht etwas wichtiges vergessen, sondern einfach keine Kenntnis darüber.

Dabei wäre das ein echtes Verkaufsargument, was mir der Hersteller auf Nachfrage am Telefon verraten hat: Das derzeitige verbesserte Produkt Friedel Pfefferminztaler enthält ein besonderes Pfefferminzöl für mehr Geschmack und Nachhaltigkeit. DAS wäre ein Punkt, den man nennen könnte. Wenn man das weiß. Aber wer in der einen Stunde Süßigkeiten moderiert, um dann zu Schuhen in der zweiten Stunde zu wechseln, und in der dritten Stunde Uhren verkauft, von dem erwarte ich zumindest KEINE Fachkenntnisse. After Eight ist ein registriertes Warenzeichen der Firma Nestle S.A.

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