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Blackout für KI in Deutschland?

Verantwortlicher Autor: Gerhard Bachleitner München, 27.05.2025, 16:52 Uhr
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Wie einst die Zonengrenze: hier endet der rationale Energiemarkt; dahinter ist die planwirtschaftliche Mangelverwaltung
Wie einst die Zonengrenze: hier endet der rationale Energiemarkt; dahinter ist die planwirtschaftliche Mangelverwaltung  Bild: G. Bachleitner nach einer Vorlage von Copilot

München [ENA] Den dramatisch klingenden Titel hat der MÜNCHNER KREIS für seine Online-Konferenz Mitte Mai nicht grundlos gewählt. KI treibt Rechenaufwand und Energiebedarf in neue Dimensionen. Doch wie lassen sich die wachsenden Anforderungen mit einer stabilen und bezahlbaren Energieinfrastruktur vereinen?

Daß mathematische Rechnungen nicht ohne Energie möglich sind, nicht einmal für den kopfrechnenden Menschen, ist eine weitere neue Erkenntnis für die deutsche, energiewirtschaftlich prekäre Politik. Der beträchtliche Energiebedarf der KI, die u.a. deshalb nicht hierzulande gebaut werden konnte, wird nun allen Ernstes als Einwand gegen diesen wichtigen Evolutionsschritt zu einer mächtigen neuen Kulturtechnik ins Feld geführt, und hiesige Forschungseinrichtungen tun sich gerne mit Konzepten für sparsamere Algorithmen oder Topologien hervor.

Man möchte dies sarkastisch die Tugend von Eunuchen nennen, auch wenn solche Effizienzverbesserungen immer nützlich sind. Die fehlende energetische Potenz wird hierzulande der Beteiligung an der Weiterentwicklung der KI Grenzen setzen. Manuel Gerdsmeyer von der RheinEnergie AG legte in seinem Referat entsprechende Zahlen und Reklamationen vor. Von 2024-2030 wird eine Steigerung des Strombedarfs von Rechenzentren auf das 2,4fache erwartet, die ausschließlich vom KI-Wachstum getrieben wird.

Dies ist nicht nur eine aus dem Bedarf der Wirtschaft folgende Tendenz, sondern sinnvollerweise auch ein von der EU erklärtes Ziel. Über 5-7 Jahre soll die Rechenzentrumskapazität in der EU um den Faktor 3 gesteigert werden. Dem stehen hierzulande jedoch die bekannten Probleme entgegen: die Einschränkung der Energieversorgung aufgrund mangelnder Übertragungskapazität und die Beschränkungen für den Rechenzentrumsausbau aufgrund von Bürokratie und überzogenen Effizienzvorgaben. Laut Gerdsmeyer brauchen Netzanschlüsse häufig mehrere Jahre Vorlaufzeit aufgrund langfristiger Genehmigungsverfahren.

"Es wird zwischenzeitlich nicht genügend Netzanschlusskapazität für Rechenzentren geben. Folglich werden in den nächsten Jahren zwischenzeitlich nicht genügend Grundstücke mit ausreichender Netzanschlusskapazität vorhanden sein." Das Energieeffizienzgesetz befrachtet den Rechenzentrumsbetrieb mit realitätsfernen Quoten für die Abwärmenutzung. * *

Einerseits gilt: "Eine Stadt mit 40.000 Einwohnern könnte durch ein Rechenzentrum für ein Jahr mit Wärme versorgt werden – bei 20% Abwärmenutzung eines Rechenzentrums mit 150 MW Rechenleistung." Andererseits passen Angebot und Nachfrage nicht zusammen. Rechenzentren erzeugen ganzjährig Abwärme, während insbesondere Wohngebäude nur im Winter einen hohen Wärmebedarf haben. Die Erfahrung zeigt: Die Nutzung der enormen Abwärmemengen von Groß-Rechenzentren alleine durch Bestandsbebauung ist wirtschaftlich und technisch kaum möglich.

Daher wird zur Erfüllung der Anforderungen des EnEfG die Neuansiedlung von Gewerbe- und Industrie oft unabdingbar, die aber selbstverständlich ihrerseits eine zeitfressende komplexe Planungsaufgabe darstellt. Rechenzentrumsbetreiber beklagen insofern die illusionären Erwartungen des EnEfG – selbst bei kostenloser Abgabe ihrer Abwärme. Mehr als die Hälfte von ihnen gibt als Gründe fehlende oder nicht bekannte Wärmeabnehmer an, technische Schwierigkeiten sowie fehlende Wirtschaftlichkeit.

Gerdsmeyer erhofft von der neuen Regierung eine praxisgerechte Anpassung dieses Gesetzes, ist sich aber im Klaren, daß bestenfalls Zeitvorgaben und Härtegrad der Anforderungen gemildert werden, die Zielrichtung aber unverändert bleiben wird. Somit wird auch die Planungskomplexität erhalten bleiben und die nötige Innovationsdynamik weiterhin fehlen. Die von Michael Schultz aus dem Bundeswirtschaftsministerium zitierte Grafik zeigt, wie sich der Rückstand im internationalen Vergleich planmäßig vergrößern wird.

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