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Rassismus im Fokus

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Mainz, 19.06.2025, 10:42 Uhr
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Fotomontage Podium der Veranstaltung
Fotomontage Podium der Veranstaltung  Bild: Kurt Lehberger

Mainz [ENA] Am 10.6.2025 eröffnete die Staatsministerin und stellvertretenden Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz Katharina Binz die Podiumsdiskussion „Rassismus im Fokus“ in Mainz. Zu Gast waren Nino Haase, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz und die Autorin und Podcasterin Tupoka Ogette.

Tupoka Ogette ist Beraterin und Trainerin für rassismuskritische Themen. Die Moderation übernahm die Journalistin Anna Koktsidou. Die Veranstaltung ist der Abschluss der Reihe „Rassismus im Fokus“. Diese wurde im Jahr 2023 ins Leben gerufen, um Rassismus gezielt entgegenzuwirken und wirksame Strategien zur Bekämpfung zu entwickeln. Katharina Binz betonte, dass wir ein friedliches Zusammenleben wollten und die klare Haltung gegen Rassismus sichtbar sein müsse. Rassismus dürfe nicht zur Normalität werden. „Wir dulden keine Normalisierung.“ Die Studie Rassismus Monitor (Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung, DeZIM von 2023) zeige, dass wir Rassismus noch nicht überwunden haben.

In der Studie heisst es „Rassismus und Diskriminierung sind kein Randphänomen, sondern betreffen direkt oder indirekt einen Großteil der Bevölkerung.“ Binz äußerte, dass wir uns eine rassismuskritische Gesellschaft wünschten. Diese Veranstaltung ist die letzte von insgesamt fünf. Auch in 2026 wird es eine ähnliche Veranstaltung geben. Nino Haase entwickelt eine Analogie: Rassismus sei so gefährlich wie Kohlenmonoxid. Es ist unsichtbar und tödlich. Was bei zu viel Kohlenmonoxid hilft, ist frischen Sauerstoff hinzugeben. Der Skandal als auf Sylt „Deutschland den Deutschen“ gesungen wurde, zeige, dass wir dem Rassismus entgegentreten müssen. Schonungslos und mutig. Wir müssten miteinander reden und uns einbringen.

Haase erklärte, dass In Mainz 90.000 Menschen mit Migrationshintergrund aus 160 Ländern leben. Mainz habe eine über 1.000-jährige jüdische Geschichte. Mainz fördere das friedliche Miteinanderleben und veranstalte im Sommer den Christopher-Street-Day und im Herbst die Interkulturelle Woche. Tupoka Ogette beschrieb die Situation: Wir haben den Rassismus „eingeatmet“. Die Vorurteile gegen „Colored People“ seien auf der individuellen und der strukturellen Ebene täglich erfahrbar. Jeder sei mitverantwortlich. Wir brauchen eine rassismuskritische Gesellschaft. Zuerst die Klarstellung: Rasse gibt es nicht. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es keine Rassen gibt. Die Menschen haben gleiches Erbgut. Es gibt keine Unterschiede zwischen „Rassen“.

Wir brauchen Aufklärung darüber und kritisches Denken, das z.B. in den Schulen vermittelt werden soll. Rasse sei ein soziologisches Konstrukt, das den einen die Privilegien zuschreibt und die anderen entmenschlicht. Binz: „Wir stellen uns hinter die Zivilgesellschaft und stärken sie in ihren Bemühungen zur Demokratieerhaltung.“ Im Publikum meldeten sich einige Personen zu Wort. Sie berichteten von ihren positiven Erfahrungen in ihrem ehrenamtlichen Engagement. Sie treten für eine rassismuskritische Haltung ein und bieten entsprechende Hilfsangebote an. Sie fordern mehr Geld für die Umsetzung ihrer Ideen und Projekte.

Zuspruch erfährt der Appell, die Initiativen strukturell zu verankern, d.h. z.B. auch zu institutionalisieren. Ein Beispiel wird aus Kanada berichtet. Dort müssen die Firmen, die Migranten einstellen wollen, ihre „interkulturellen Kompetenzen“ aufbauen und nachweisen. Dieser Ansatz wirkt, da er verbindlich und strukturell durch den Staat umgesetzt wird. Im Gegensatz zu Kanada haben wir in Deutschland eine Gegenreaktion zu verzeichnen. Es gebe Rückschritte in der Integrationsarbeit. Das könne man in der neuen Rhetorik erkennen, z.B. im Begriff „illegale Einwanderung“ oder Stopp der Familienzusammenführung, was eigentlich eine legale Migration bedeuten würde. Wir müssten uns dagegen wehren und rassismuskritisch sein.

Binz gibt zu, dass sie nicht ressortübergreifend das Thema angehe. Hier ist noch viel Verbesserungspotential. Tupoka Ogett sagte: wir seien erschöpft und brauchen auch mal eine Pause, um neue Energie aufzunehmen. Wichtig sei, dass wir nicht bitter werden, sondern dass die Zuversicht überwiege. Die Herbeiführung einer rassismuskritischen Gesellschaft sei ein langer Weg, der über mehrere Generationen gehen könne. Wir seien wie bei einem Staffellauf beteiligt und übergeben an den nächsten. Diese Abendveranstaltung war die Abschlussveranstaltung der Reihe „Rassismus im Fokus“, die 2023 startete und das Ziel hat, dem Rassismus auf allen Ebenen entgegenzuwirken.

Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung widersprechen der Menschenwürde und dem Gebot der Gleichheit. Wir sollten uns solidarisch und gemeinsam für eine Gesellschaft ohne Rassismus einsetzen.

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